Interview
Übersetzung der Interviews mit Mike Oldfield von der “Light and Shade” Promotion DVD von Universal Music durch Andreas Schulz.
“Stilistisch weniger bemüht, einen geschlossenen Text zu verfassen, sondern mehr an den, manchmal etwas sprunghaften, Redefluss von Herrn Oldfield angelehnt.”
So Andreas Schulz zu seiner Übersetzung. Andreas ist seit “Ommadawn” ein Fan von Mike Oldfield. Außerdem befasst er sich mit einer Reihe von verschiedensten Hobbys.
Inspiration
Die Inspiration zu Light and Shade – es gibt überhaupt keine. Ich fange mit einer leeren Leinwand an – Stille. Das erste was ich mache, wenn ich mit einem Projekt beginne, ist, mich umzusehen – nach irgendwelchen brauchbaren Werkzeugen, neuen Instrumenten, neuen Klängen.
Genau das ist auch bei diesem neuen Album passiert – es gibt eine ganz neue Generation von Software-Synthesizern. An Stelle eines echten Synthesizers hat man ein Bild von einem Synthesizer.
Als ich mit dem Album begann, war der Raum, in dem wir jetzt sitzen, voll gestopft mit Geräten, ein riesiges Mischpult, Racks voller Elektronik und Kilometer von Kabeln von hier in den Nebenraum, nach oben in die erste Etage. Das war das Studio, in dem ich an meinen letzten ..7 Alben gearbeitet habe – das war alles noch hier. Wir haben natürlich Computer benutzt – als eine Art Erweiterung des Studios.
Ich verfolgte die Entwicklung seit den ersten frühen Macintoshs. Jetzt haben wir eine neue Generation von Macs und PCs, neuen Betriebssystemen – z.B. kann der Mac jetzt Multitasking, früher konnte er nur eine Sache zur Zeit tun…
Ich habe mich gründlich umgesehen und festgestellt: ganze Elektronik in meinem Studio, die brauche ich überhaupt nicht mehr, ich kann alles tun (mit dem Computer)… an Stelle eines großen Mischpultes habe ich ein Bild von einem Mischpult. Also sprach ich mit einer dieser Firmen, die mit gebrauchter Studioausrüstung handeln: Ich habe hier ein komplettes Studio, kommt mal mit einem Laster vorbei. Ihr bekommt es für nur einen Bruchteil von dem, was ich einmal dafür bezahlt hatte – es ist einfach veraltete Ausrüstung- ihr könnt alles haben.
Also kamen sie vorbei, und haben den ganzen Kram mitgenommen.
Dann habe ich ein paar Wochen damit verbracht, Software zu installieren, auf meinem Mac und meinem PC, und damit zu experimentieren, die beiden Maschinen (es sind zwei verschiedene Arten von Computern) dazu zu bringen, miteinander zu reden – sie zu synchronisieren, zu vernetzen, und Software zu installieren – an Stelle eines echten Mischpultes habe ich jetzt ein Bild von einem Mischpult – und herauszufinden, wie ich meine Gitarren in das System hereinbekomme.
Alles basiert jetzt auf Software. Ich bin nicht der Einzige, der so arbeitet; immer mehr Musiker arbeiten jetzt überwiegend so.
Es ist so ähnlich wie das Heimstudio, das tausende von Teenagern in ihren Schlafzimmern haben. Auf eine bestimmte Art schließt sich damit ein Kreis zu den ersten Demos von Tubular Bells, die ich aufgenommen habe, als ich 17 war – in einem kleinen (Zimmer?) in Tottenham, was ein winziger Teil von Nord-London ist.
Die wurden mit einem kleinen Tonbandgerät aufgenommen, das ich umgebaut habe, damit ich viele Instrumente nacheinander aufnehmen konnte.
Ich konnte etwa sechs Aufnahmen überlagern – indem ich die Drähte zum Löschkopf durchgeschnitten und vertauscht und den Löschkopf mit einem Stück Pappe abgedeckt habe. So konnte ich die Demos für Tubular Bells damit aufnehmen. Das war so eine Art von Heimstudio. Und jetzt hat so ein durchschnittlicher Teenager ein Mehrspurstudio in seinem Schlafzimmer – wirklich! Das ist phantastisch, mit den ganzen Möglichkeiten, die man damit hat.
Ich fing also an mit Light and Shade mit einer komplett leeren “Leinwand”, und das Nächste war, so ein Software-Instrument einzustöpseln und herauszufinden, was es tut – sich durch tausende von Einstellungen durchzuarbeiten – ich liebe das.
Es sind aber einfach zu viele, um sie alle auszuprobieren, buchstäblich tausende von Möglichkeiten. Also habe ich einfach mit dem ersten angefangen, einen Track aufzubauen. Ich benutze die Software als Hintergrund (Grundlage?) für meine Stimme – wenn ich singen könnte, ich bin kein Sänger, meine Stimme ist meine Gitarre. Wie Sie hier sehen können, habe ich eine große (großartige?) Sammlung – und die hier sind nicht nur ausgestellt, das sind meine Instrumente, meine Werkzeuge, ich benutze jede davon. Jede hat ihren eigenen Charakter.
Ich benutze die Software also als Hintergrund. Dadurch bekommt die Musik einen zeitgenössischen Sound. Sie klingt nicht nach den 60ern oder 70ern, sie klingt genau wie 2005, aber sie hat mein Markenzeichen, meine Stimme, meine Art, Gitarre zu spielen.
Musik
…Ja, das Endergebnis klingt nicht ‘technisch’ oder ‘wissenschaftlich’. Jetzt, wo ich reifer geworden bin, konzentriere ich mich mehr auf die Stimmung, das Gefühl, die Atmosphäre eines Musikstücks als darauf, wie technisch perfekt – technisch es ist. Einige meiner älteren Alben, z.B. Tubular Bells, sind sehr technisch. Da ist so was wie mehrere Gitarren, sehr schnell in engen Harmonien gespielt – dazu der Bass, alles sehr schwierig, sehr ‘mathematisch’.
Außerdem klingen für mich die alten Alben zum Teil irgendwie ‘hölzern’, als ob ich experimentiere, als ob ich versuchte, etwas sehr komplexes, beeindruckendes zu produzieren.
Jetzt kümmert es mich nicht mehr, ob ich sehr schnell Gitarre spielen kann – ich kann, wenn es sein muss, wenn es angemessen ist. Ich konzentriere mich mehr auf die Seele, den Geist, die Stimmung der Musik als auf die Technik. Sie sagten, daß es (das Album?) mehr nach Gefühlen klingt – ich denke, das ist es, was sich jetzt in meiner Musik widerspiegelt – meine Gefühle, meine Spiritualität…
Das Album ‘Light’ soll ein friedliches Hörerlebnis sein, das Album ‘Shade’ dagegen hat einige verrückte Stellen, mit Schreien und Weinen und Heulen, Massen von Gitarren.
Lieblingsstück
Oh ja, ich liebe jedes Stück. Eigentlich ist es dazu gedacht, im Ganzen durchgehend gehört zu werden – nicht nur ein Stück herauszunehmen und für sich anzuhören. Ich habe nie versucht, eines der Stücke alleine aufzunehmen, mit dem Gedanken ‘Das wird die Single zu diesem Album’. Wenn man des Album ‘Light’ anhört, kann man sich darauf konzentrieren, auf alle seine komplizierten Stellen – oder man kann es einfach im Hintergrund laufen lassen, es ist also auch ‘Ambient’ – es hat zwei Funktionen.
Das Album ‘Shade’ funktioniert nicht so gut als Hintergrundmusik – wenn man nicht gerade irgendetwas sehr bizarres tut…
Surfing
Der Titel ‘Surfing’ – wie es dazu gekommen ist? Nun, das war eines meiner ersten Experimente mit der Software ‘Vocalist’. Ich hatte gehört, dass es Softwareprogramme gibt, die die menschliche Stimme imitieren können, und dachte: ‘Nun, das klingt interessant’. Ich besorgte mir zwei davon, eines davon ist ‘Vocaloid’, das andere ‘Cantor’. ‘Cantor’ ist sehr ‘robotisch’, Ich liebe diese Roboterstimmen, das ist wohl das Kind in mir, ich liebe sie, ich bin glücklich mit ihnen. Ich habe eine Version des ‘Halleluja’-Chors mit Roboterstimmen aufgenommen, aber niemand außer mir scheint es zu mögen. Das ist einer der Titel, die bisher niemand gehört hat.
Dieses ‘Vocaloid’ klingt menschlicher, aber es braucht viel Arbeit, man muss es beinahe Silbe für Silbe bearbeiten, oder Wort für Wort, jedes kleine Teil bearbeiten und formen. Ich mag das, es wie ein Tischler, der ein Möbelstück baut – Handwerk eben, ich mag das, nur, dass ich hier mit Tönen arbeite.
So habe ich entdeckt, dass es in der Lage ist, den Hauptklang einer Stimme zu liefern. Also dachte ich, nun, wenn ich Vocaloid benutze, und damit Harmonien hinzufüge, und dann noch meine eigene Stimme hinzufüge… und so fügte ich viele Kopien von mir dazu, etwa 16 Kopien, in drei verschiedenen Harmonien, sozusagen um den Vocaloid einzurahmen – der Klang gefiel mir.
Ich dachte, um das in ein Lied einzubinden, brauche ich einen Text, darum dachte ich (grummel) – Texte sind nicht meine Stärke, ich bin kein Texteschreiber, kein Dichter. Manchmal muss ich aber Texte schreiben, einfach, damit die Stimme etwas zum Singen hat. Also dachte ich – worüber soll ich schreiben? Nun, schreibe ich über das Internet, surfen im Internet, die Idee gefiel mir, also kritzelte ich ein paar Wörter zusammen und probierte sie mit Vocaloid aus. Dann, nach ein paar Minuten, fand ich, dass es etwas monoton werden würde, nur die Roboterstimmen zu hören, und ich dachte: ‘ nun, dann baue ich hier einen Gitarrenteil ein’.
Ich liebe den Klang von Massen von Gitarren, vielen Gitarren, und nahm diesen großartigen Teil auf, eine Art von lockeren, beinahe ‘betrunkenen’ Gitarren, ich spielte sie sehr locker, anstatt streng und präzise, wirklich beinahe ‘betrunken’. Und oben drauf liegt dann noch eine weitere, die wirklich fliegt, beinahe auf den betrunkenen surft, eine absolut perfekte oben drauf.
Das ist die Art, wie ich arbeite, wie ich denke, Musik produziere, beinahe wie Klänge zu modellieren – wie ein Bildhauer. So ist dieses Stück entstanden.
Oh, Entschuldigung – da ist noch eine kleine Stimme, die von einem anderen Programm stammt, das eigentlich nicht zum Singen gedacht war. Es ist einer dieser Sprachsynthesizer, den ich auf meinem PC habe. Dieses hat eine Einstellung ‘Chorknabe’, und ich brachte es dazu, so zu klingen wie – Sie kennen den ‘Tölzer Knabenchor in Deutschland, diesen männlichen, Sopran Chorknaben?’.
Ich fand heraus, dass ich den Text einsetzen konnte, Silbe für Silbe bearbeiten, und es klang wie dieser Chorknabe. Das kam dann auch noch oben darauf auf Vocaloid und mich, und die ganzen Gitarren. Das Ganze hat dann so vier oder fünf Wochen gedauert. Aber das ist es, was ich mache, ich liebe es, das zu tun – Klang zu modellieren.
Deutschland
Ich hatte eine starke Verbindung zu Deutschland, die bis in die 70er Jahre zurückgeht. Komischerweise war Deutschland das letzte Land, das ‘Tubular Bells’ mochte. Am Anfang verkaufte sich ‘Tubular Bells’ in Deutschland nicht besonders gut – verglichen mit anderen Ländern. Als ich dann die Leute wirklich traf, die damals bei der Plattenfirma arbeiteten, und wir ein paar Tourneen machten, bauten wir es langsam auf – es wurde zu meinem besten Land, wir hatten enorme Verkaufszahlen in den 80ern. Wir spielten in ausverkauften Hallen in ganz Deutschland. Es gab also immer diese Verbindung.
Schiller
…es war Christopher von Deylen. Ich sprach mit einer Plattenfirma namens ‘EDEL’ in Deutschland, und zwei ihrer Manager kamen zu mir, um mit mir über eine mögliche Zusammenarbeit mit ihnen zu sprechen. Daraus wurde dann nichts, aber sie fragten: ‘Haben Sie mal von diesem Künstler namens ‘Schiller’ gehört?’ Ich sagte: ‘mmm – nein?’, und sie schickten mir eine CD. Ich hörte sie mir an, sah mir auch die DVD von seinem Konzert an und – ‘Oh, ich mag diese Musik!’. Ich fragte sie, ob sie mich mit dem Mann, der diese Musik macht – Christopher von Deylen – zusammenbringen könnten. Ich (schwer zu verstehen) traf (?) ihn dann, er kam zu mir, wir verstanden uns ganz gut, und ich sagte: ‘Nun denn, lass uns mal zusammen ein Stück machen’.
Wir haben nicht zusammen im Studio gearbeitet – er hat mir nur die Sounddateien mit Schlagzeug, Keyboards und Basslinien geschickt, die ich dann, über das Internet, in meine Software eingebaut habe. Ich habe dann meine Gitarre darauf gesetzt und ihm die Gitarrenspur zurückgeschickt, und das hat ganz gut funktioniert. Ich spielte die Gitarre auf seinem Album, und er spielte Schlagzeug und Percussion auf meinem Album. Wir haben also nie wirklich zusammen gearbeitet – es lief alles über das Internet. Und er ist ein netter Mensch, sehr nett, er bringt mich zum Lachen.
Zusammen arbeiten
…mit Christopher von Deylen – wir haben nicht wirklich zusammen gesessen und gearbeitet. Ich habe versucht, ihm zu erklären, dass ich das nicht kann, weil ich manchmal in meinem Studio sitze, und einfach nur so da sitze, drei Stunden lang. Nicht sehr interessant für jemand anderen, wenn er etwas tun möchte. Und dann plötzlich bricht es aus mir heraus – ‘aargh, hio!’, und ich renne herum, spiele Gitarren und Klavier, und bin danach dann total erschöpft.
Ich kann einfach nicht gut mit anderen Leuten zusammenarbeiten. Ich kann sicher an einem Musikstück arbeiten, es gibt jetzt ‘Collaboration-Software’, speziell für PCs und Programme wie ‘FL Studio’, viele Leute können einfach an einem Musikstück zusammen arbeiten, einfach Dateien austauschen, und man kann es so Schritt für Schritt aufbauen. Ich bin bei der Arbeit lieber alleine.
Downloading
Downloading? Nun, ich muss Ihnen sagen, dass Napster – es war so, ich habe das Musikgeschäft darauf aufmerksam gemacht. Ich habe es nicht selbst entdeckt, ich arbeitete an meinem interaktiven 3D-Projekt ‘MusicVR’. Ich arbeitete mit einem Programmierer zusammen– er programmierte die Maschine, ganz unten, in C++ – das hat er alles geschrieben. Er hat sein Ohr direkt am Internet, und er sagte: ‘Weißt du eigentlich, dass man alle deine Alben umsonst herunterladen kann?’ – und ich antwortete: ‘tatsächlich?’ – er: ‘Ja, die gibt es bei Napster – alle’. Also rief ich meinen (Anwalt?) an und erzählte es ihm – er glaubte mir nicht, und nächste Woche war es dann auf der Titelseite von ‘Music Week’ – so fing es dann an mit ‘Downloading’.
Das wäre natürlich das Ende der ‘Rockstars’ – man könnte mit Musik kein Geld mehr verdienen, wenn sie jeder sofort haben könnte – umsonst. Es musste also reguliert werden, was so etwa im Verlauf des letzten Jahres geschehen ist, und ich glaube, das wird die Art sein, auf die man die Musik in Zukunft bekommen wird.
Es ist ein wenig wie Parties (?), ein wenig wie Stehlen, man muss jetzt Ausschnitte, MP3-Files auf seiner Website anbieten, um den Leuten Kostproben anzubieten. Wenn ein Künstler Unmengen von Zeit und Geld investiert hat, um Alben zu produzieren, muss er auch Geld zum Leben verdienen, wie jeder andere auch. Man kann, zur Zeit, nicht zulassen, dass es alles umsonst gibt.
Auszeichnungen
Ahh – ja, ich glaube, der Grammy für ‘Tubular Bells’ war etwas Besonderes. Ich war in einer so seltsamen Stimmung zu der Zeit, ich war etwa 24 oder 23 Jahre alt, und hatte keine Ahnung, was ein ‘Grammy’ war. Jemand tauchte in meinem Haus auf – ich lebte auf dem Land – und sagte:’Sie haben das hier gewonnen.’ Ich sagte: ‘Hmm – Danke’ (blickt irritiert auf einen imaginären Grammy und wirft ihn dann hinter sich…). Etwas später wurde mir dann klar, das das so etwas wie ein ‘Oscar’ war.
Ich wurde noch einmal 1999 nominiert – für das Album ‘Voyager’, als bestes ‘New Age’ Album – so nannte man meine Musik dort. Ich ging wirklich in die ‘Radio City Music Hall’, habe allerdings nicht gewonnen, aber wenigstens mal gesehen, was die Grammys sind. Ich muss sagen, die Verleihung, Live, war wirklich phantastisch. Wirklich phantastische Musiker, wie Bob Dylan, Fleetwood Mac, alle spielten live, wirklich gut, es war brilliant organisiert. Ich glaube, das war mein kostbarstes, ein einmaliges Erlebnis.
Live spielen
Von allen Konzerten, die ich gespielt habe, gibt es drei, die wirklich herausragen. Zum Glück sind es die, die es auch auf DVD gibt: Edinbourgh Castle, Horseguards Parade, bei Parlament, und das Konzert in Berlin, zur Jahrtausendwende.
Das war das letzte Mal, dass ich live gespielt habe. Das war in Berlin, zur Jahrtausendwende, und ich dachte damals: ‘Nun, das war mein letztes Konzert. Besser kann ich nicht mehr werden’. Ich hatte die unglaublichste Lightshow, entworfen von Gert Hof, und – ich weiß nicht wie viele – hunderttausende von Menschen. Es war ein Anlass, der das Ende einer Periode und den Beginn einer neuen markierte, und ich dachte: ‘Das war’s, ich habe jetzt genug getan.’.
Aber innen in mir drin sitzt ein kleines Ding und sagt: ‘(knurrt – Nrjjäa..) vielleicht doch noch mal, vielleicht…’ Deshalb rede ich gerade mit ein paar Leuten über die Möglichkeiten, vielleicht ein paar Konzerte zu machen.
Hobbies
Ich habe vor kurzem das Motorrad fahren entdeckt. Ich wollte immer große, starke Motorräder fahren, aber ich bin nie dazu gekommen, die Prüfung zu bestehen. Vor zwei Jahren habe ich es dann endlich geschafft. Seitdem bin ich vollkommen verrückt darauf. Ich kann Stunden damit verbringe, sie zu polieren, daran herum zu basteln, die Aufhängung zu verstellen, damit zu fahren – ich bin jetzt total Motorrad-verrückt.
Wie viele haben sie jetzt?
Vier – das ändert sich jeden Monat. Zum Glück sind sie nicht so teuer, nicht so wie Ferraris oder Aston Martins. Man kann sie für nicht allzu viel Geld kaufen und wieder verkaufen und so verschiedene ausprobieren. Ich versuche gerade, meine Sammlung zu vervollkommnen – ich habe ein paar sehr moderne Maschinen, und eine ‘klassische’, alte, altmodische Ducati. Sie sind mir im Moment das Wichtigste. Ansonsten – ich liebe die Natur, draußen in der Natur zu sein, ich habe Tiere, wir haben viele Tiere.
Worauf ich mich zur Zeit freue – ich habe alle Arten von Flugzeugen ausprobiert, ich habe seit vielen Jahren eine Lizenz, aber ich habe es nie genossen, ich fand es anstregend, wenn ich in diesen Maschinen gesessen habe.
Ich möchte jetzt mal einen Hanggleiter ausprobieren – wie nennt man das in Deutschland, wenn man sich diesen Flügel umschnallt, und von einem Berg herunter springt? – das möchte ich mal tun.
Das merkwürdigste Erlebnis
Das seltsamste, was mir passiert ist, war ganz am Anfang. Wissen Sie, ich hatte meine Demobänder von ‘Tubular Bells’, machte die Runde durch alle Plattenfirmen, die großen in London, jede einzelne. Und jeder dort dachte, ich wäre verrückt. Etwas vorzustellen, ohne Gesang, ohne Text, sogar ohne Schlagzeug! Mehr so in Richtung Elektronik – sie hielten mich für komplett verrückt.
Ich erinnere mich daran, wie ich die Spulen der Bandmaschinen beobachtet habe – es war ein Band – wie sie sich drehten, fünf Minuten lang, dann drückte ein Finger auf die STOP-Taste, ich sah es zurückspulen, zurück in seine Schachtel wandern und jemand gab sie mir zurück und sagte: ‘Tut mir leid, unverkäuflich.’ Das hat mich wirklich deprimiert, und ich plante – nun, ich hatte gehört, dass man in der Sowjetunion als staatlich angestellter Musiker arbeiten könne. Und ich wollte Musiker werden, also dachte ich ‘vielleicht hilft das?’.
Ich war schon so weit, ich suchte schon nach der sowjetischen Botschaft im Telefonbuch, wollte gerade anrufen, als das Telefon klingelte: ‘Hallo, hier ist Richard Branson, hätten Sie Lust, herzukommen und für uns ein Album aufzunehmen?’ – Das war der seltsamste Augenblick.
Light&Shade
Wenn wir uns ‘Shade’ ansehen – da gibt es eine Bewegung, eine spirituelle Bewegung, die in den 60er Jahren begann. Jetzt nennt man sie ‘New Age’; in den 90er Jahren wurde sie mal so als ‘wääh – Hippie-Müll-New-Age – ürks’ betrachtet. Aber jetzt ist sie Teil unserer Kultur geworden, die meisten großen Zeitungen haben ganze Seiten in der Mitte mit – Werbung für alternative Medizin, Beratung, all diese Dinge…
Wenn ich früher über Psychotherapie gesprochen habe – denn ich hatte sehr viele psychologische Probleme, als ich jünger war – war das so, als ob ich sagte ‘mit ist wirklich irgendetwas nicht in Ordnung’. Bei Psychotherapie dachte man an – nun ja – du bist verrückt…
Heute ist es akzeptiert, wenn man psychologische Probleme hat, geht man eben zu einem Therapeuten.
Es gibt also so diese ‘New Age’-Bewegung, mit Übungen wie Meditation, ich habe Meditation gelernt, von einem richtigen Lehrer, ich war in einem Kursus, um zu lernen, wie man es macht – es ist eine phantastische Sache, zu lernen, wie man meditiert. Ich habe auch Tai-Chi gelernt, auch eine herrliche Sache. Das sind Arten, in dieser Welt zu existieren und vollkommen ruhig zu sein, leer, man hat Frieden, Ruhe, Zufriedenheit – das ist möglich.
Was das Album ‘Light’ betrifft, das sind alle diese Erfahrungen, die ich gemacht habe – und die jetzt ein Teil unserer Kultur werden – die werden in der Musik des Albums ‘Light’ dargestellt.
Stimmungen 2005/2006
Es ist sehr seltsam, es ist, als ob mit unserer Gesellschaft, unserer Zivilisation alles drunter und drüber geht. Wir sind noch nicht zur Ruhe gekommen, wir wissen nicht, in welche Richtung wir gehen.
In manchen Bereichen haben wir wundervolle Technik, meist basierend auf Software. Aber unsere Kultur ist so dumm, so verblödet – ich habe es aufgegeben, mir die terrestrischen Fernsehsender anzusehen, weil es mir so dumm vorkommt – ich kann das nicht verstehen. Um etwas wirklich Sinnvolles, Intelligentes zu finden, muß man schon auf den Satellitenkanälen suchen. Ich finde kaum etwas wirklich Interessantes.
Die Gewalt, die wir in manchen Filmen sehen, ist unbegreiflich – ich kann es nicht glauben. Diese sinnlose Gewalt und Horror…
Eine andere Sache – wir versuchen, alle diese verschiedenen Rassen in der Welt zu integrieren, und bringen dabei alles durcheinander: Wir wissen nicht, ob wir den verschiedenen Ländern erlauben sollen, auch unterschiedlich zu sein, oder alle miteinander verschmelzen sollen.
Es ist so wie die Blasen in Sprudelwasser – alles wirbelt durcheinander, ist flüchtig, wenn Sie so wollen.
Ich möchte gerne glauben, dass in 20-30 Jahren die Dinge beginnen, sich etwas zu beruhigen.
Dann gibt es da diese Bedrohung durch Terroristen – in den 60er-70er Jahren glaubten wir alle, wir stünden vor einem Atomkrieg – zumindest diese Bedrohung ist weg.
Die Abenteuerlust scheint verschwunden zu sein – wir sind in den 60er Jahren zum Mond geflogen – ist das nicht unglaublich, das ist schon eine Generation her..
Ich hätte gedacht, dass es mit der Technik, der Software, die wir jetzt haben, mehr wunderbare, unglaubliche, kreative Dinge geben sollte. Gut, es gibt da Sachen in Filmen, mir Special Effects, von denen wir damals nicht mal geträumt hätten…
Veröffentlicht am, 16.11.2005, auf www.hibernaculum.de mit freundlicher Genehmigung von Universal Music und Andreas Schulz.
Ausschnitte aus dem Interview gibt es hier als Download:
1. Das gekürzte Interview mit Mike Oldfield. (45,45 MB als MPG-Datei)
2. Cutaways, eine Zusammenfassung einiger geschnittener Szenen aus dem kompletten Interview. (45 MB als MPG-Datei)
Folgende Varianten stehen zusätzlich zur Verfügung:
1. Das gekürzte Interview mit Mike Oldfield. (23,33 MB als DIVX-Datei)
2. Cutaways, eine Zusammenfassung einiger geschnittener Szenen aus dem kompletten Interview. (21,78 MB als DIVX)
Nochmals komprimiert steht das Interview mit 8,8 MB und die Cuteways mit 8,89 MB als DIV-Datei zur Verfügung.
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